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INTERVIEW MIT ZAHNARZT DR. DIRK PRÜNTE

„Das MVZ ist für mich der logische Nachfolger der alten Struktur!“

Die Majorität der Z-MVZ wurde bisher von zahnärztlichen Kolleginnen und Kollegen im Zuge der Umwandlung der eigenen Praxis gegründet. Als häufigstes Argument nennen sie die Limitierung in der Anstellung von Zahnärztinnen und Zahnärzten. In der öffentlichen Diskussion finden sie sich nun in dem „Sack“ wieder, auf dem ‚Fremdinvestoren Z-MVZ‘ steht. Die damit einhergehende Ausgrenzung empfinden sie als unfair. Über die Gründe, die eigene Praxis in ein Z-MVZ umzuwandeln, spricht Dr. Dirk Prünte aus Unna.

Herr Dr. Prünte, Sie haben in Unna die Praxis ihres Vaters übernommen und das Leistungsspektrum weiter ausgebaut. Was war für Sie der Grund, diese in ein Z-MVZ umzuwandeln?

Dr. Dirk Prünte: Ja, ich habe mit einer normalen Praxis begonnen. Mein Vater hat vor 50 Jahren in Unna diese Praxis gegründet. Im Laufe der Jahre hat sich daraus eine Spezialisten-Praxis mit 15 Zahnärzten entwickelt. Hinderliche Gründe, gute Zahnärztinnen und Zahnärzte aufzunehmen, waren in dieser Zeit die bekannten Praxisstrukturen. Hier bietet uns das Inhaber-geführte MVZ bessere Möglichkeiten sowie eine rechtssichere Struktur.

Welche Vorteile hat denn aus Ihrer Sicht ein Z-MVZ im Vergleich zu den etablierten Praxisstrukturen?

Ich halte das MVZ für den logischen und legitimen Nachfolger der alten Praxisstrukturen mit Benefit für Patienten, Krankenkassen sowie Mitarbeiter, insbesondere für die Heilberufler. Denn das Z-MVZ als Organisationsmodell bringt für eine Praxis diverse Vorteile mit sich: Praxen mit erhöhter Patientennachfrage können so mehrere Zahnärzte anstellen und damit den Versorgungsansprüchen auch gerecht werden. Zudem ermöglicht das Z-MVZ Zahnärzte unterschiedlicher Spezialisierung zusammenzubringen, so dass der Patient im Zuge verschiedener potenzieller Behandlungen ohne Umwege Spezialisten aufsuchen oder sich eine Zweitmeinung im gleichen Haus einholen kann. Der unmittelbare Austausch mit anderen Zahnärzten wird für die heutige Zahnärzteschaft zudem immer wichtiger.

Über ein Z-MVZ lassen sich außerdem flexiblere Arbeitsmodelle in einer Praxis vereinen. Arbeiten mehrere angestellte Behandler unter einem Dach, können Teilzeitmodelle sowie Früh- und Spätschichten ausgeglichener umgesetzt werden. Dies kommt nicht nur den Wünschen vieler junger Kollegen entgegen, sondern ermöglicht auch patientenfreundliche Öffnungszeiten – in unserem Z-MVZ in Unna in der Woche von 7 bis 20 Uhr, und am Samstag von 8.30 bis 12.30 Uhr. Größenvorteile der Z-MVZ ermöglichen es darüber hinaus Investitionen zu stemmen, die für die Modernisierung der Praxen und die Weiterbildung des Personals wichtig sind. Um die nachhaltige Versorgungsqualität zu sichern, werden daher in Zukunft auch weitere Finanzierungsmöglichkeiten, zum Beispiel über Investoren neben den gewöhnlichen Krediten notwendig sein.

Sie auch Nachteile?

Das Z-MVZ ist ein Modell im Dentalmarkt, das parallel zu der Möglichkeit einer „normalen“ Praxis, die oben genannten Anforderungen erfüllt. Je nach Vision und dem Bedürfnis nach Selbstständigkeit birgt eine „normale“ Praxis andere Vorteile.

Da das Z-MVZ noch kein langes etabliertes Modell ist, sind nicht alle Gegebenheiten und Vorgaben geregelt, zum Beispiel die Einbindung von Ausbildungsassistenten in Filialen, die aktuell über die regionale KZV festgelegt wird und daher je nach Standort variiert. Hier gibt es Klärungsbedarf.

Gibt es Ihrer Meinung nach eine optimale Betriebsgröße, zum Beispiel in Bezug auf das Verhältnis Anzahl Mitarbeiter, Ratio Zahnärzte/Assistenz/Verwaltung ?

Eine optimale Betriebsgröße muss jeder Inhaber für sich persönlich finden. Um die vielfältigen Herausforderungen wie Datenschutz, Hygiene, Richtlinien, Mitarbeiterschulungen, Praxisöffnungszeiten, Bedienung von ländlichen Standorten wirtschaftlich leisten zu können, sind zunehmend größere Einheiten gefragt. Diese werden nicht nur mehrere Zahnärztinnen und Zahnärzte beschäftigen, sondern es sind zunehmend Mitarbeiter im Praxismanagement notwendig, was ja auch durch den Ausbildungsgang Praxis-Management im Gesundheitswesen dokumentiert wird.

Im sauerländischen Menden haben Sie einen weiteren Standort. Wie wird dieser bespielt? Setzen Sie Ihr Team in beiden Praxen ein?

Wir haben in Menden eine zahnmedizinische Leiterin des Standorts: Dr. Ivonne Schmidt. Sie betreut mit Zahnärztinnen und Zahnärzten, die permanent vor Ort eingesetzt sind, unsere Patienten. Als großer Vorteil erweist es sich, dass alle Spezialisten entsprechend den Anforderungen der Patienten aus dem nahen Unna helfen können. So zum Beispiel der Oralchirurg, Kinderzahnärzte, ein Kieferorthopäde und ein CMD-Spezialist, die wir bei Bedarf flexibel einsetzen können, um den Patienten eine ganzheitliche Behandlung mit wenig Koordination zu ermöglichen.

Planen Sie in Zukunft zu expandieren?

Viele ältere Kolleginnen und Kollegen, die ihre Praxis abgegeben wollen, finden gerade im ländlichen Bereich keinen Nachfolger. Das ist in der Tat auch in unserem Sprengel ein nicht zu unterschätzendes Problem. Wir können es uns vorstellen, weitere Praxen im Umland unserer bisherigen Standorte zu erhalten oder aufzubauen.

Eines der Versprechen der Z-MVZ-Struktur lautet ja, Zahnärztinnen und Zahnärzte von Bürokratie zu entlasten. Wie haben Sie dies in Ihrer Struktur umgesetzt? Reicht das Freisetzen von produktiver Arbeitszeit aus, nicht nur die zusätzlichen Verwaltungskosten zu erwirtschaften, sondern auch die in Stellenanzeigen immer wieder versprochenen überdurchschnittlichen Gehälter, die flexiblen Arbeitszeiten und auch die Weiterbildung finanzieren zu können?

Unsere Zahnärztinnen und Zahnärzte genießen in der Tat, dass sie mit Bürokratie sehr wenig zu tun haben und sich in erster Linie um die Patienten, Mitarbeiter und eine bestmögliche Medizin kümmern können. Hierzu helfen uns die Zentralisierung administrativer Leistungen über beide Standorte, der Austausch untereinander sowie die einheitlichen Qualitätsstandards, die uns eine hohe Patientenzufriedenheit ermöglichen, die verbesserte Neupatienten-Gewinnung, zum Beispiel über einen transparenten, strukturierten Außenauftritt, und last, but not least Abstimmungsmechanismen, die sich ab einer bestimmten Größe schnell rentieren.

Mehrkosten sehe ich als Investition in die Teamarbeit. Diese ist ein nachhaltiger Erfolgsträger, auch für den Erhalt der Praxen. Teamarbeit heißt, verschiedene Spezialisten stimmen sich ab; die Patienten werden nicht weitergereicht, sondern betreut; in schwierigen Fragen ist ein Vier- oder Sechs-Augen-Prinzip möglich.

Erste Analysen des Abrechnungsverhaltens von Z-MVZ im Vergleich zu Einzelpraxen und BAGs zeigten für das 1. Halbjahr 2018 , dass die Fallwerte und Gesamtkosten im Leistungsbereich KCH gestiegen sind. Im Bereich ZE kam es zu mehr Neuversorgungen und weniger Wiederherstellungen. Nun ist der überprüfte Zeitraum kurz – von einem Trend kann man zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht sprechen. Trotzdem die Frage: Was wären aus Ihrer Sicht Gründe dafür?

Der Zeitraum, auf den Sie sich in ihrer Frage beziehen, scheint mit Blick auf den Marktanteil von Z-MVZ von rund 1 Prozent gegenüber allen zahnmedizinischen Praxen nicht wirklich repräsentativ. Aus eigener Erfahrung sehe ich persönliche keine Anreize, durch Z-MVZ-Strukturen andere Behandlungswege einzuschlagen. Ich kenne zudem auch keine Fälle, in denen die Behandlungsqualität von Z-MVZ – egal ob es durch einen Zahnarzt, eine Bank oder einen Investor finanziert ist – im Negativen von der in anderen Praxen abweicht. Zahnärzte im Z-MVZ wie in einer „normalen“ Praxis haben Behandlungsfreiheit und verfolgen zugleich wirtschaftliche Interessen, die in keinem Fall die Behandlungsqualität beeinflussen dürfen.

Ich bin der Auffassung, dass die Kontrollmechanismen in Z-MVZ aufgrund der Größe sogar besser sind und es eher Instanzen gibt, die die Qualitätsstandards vereinheitlichen und überprüfen, um einen Reputationsschaden zu vermeiden.

Apropos Reputationsschaden: Sehen Sie ein Z-MVZ im Vergleich zu einem in Einzelpraxis niedergelassenen Kollegen im Vorteil? Letzterer steht für seine Behandlungsleistung doch unmittelbar mit seinem guten Namen.

Klares Nein. Auch im Z-MVZ werden jede Kollegin und jeder Kollege nach innen und außen transparent dargestellt. Jeder Patient sucht sich „seine“ Zahnärztin oder „seinen“ Zahnarzt aus. Diese stehen persönlich mit ihrem Namen so wie der in einer Einzelpraxis niedergelassene Kollege für eine moderne, patientenorientierte Zahnmedizin ein.

Viele zahnärztliche Betreiber von Z-MVZ fühlen sich – so die Klage – ob dieses Umstands von der Standespolitik nicht fair behandelt. Hat sich Ihre Einstellung zur Standespolitik respektive den Körperschaften in den letzten Monaten geändert?

Nun bin ich alles andere als ein Investor, sondern ein zahnärztlicher Kollege, für den ein Z-MVZ die beste Struktur für die umfängliche Versorgung ist, die wir bieten. Daher empfinde die Debatte der letzten Monate als unsachlich und vermisse die sachliche Kooperationsbereitschaft zum Wohle der Versorgung. Auch wenn es ein hartes Wort ist: Ich empfinde die standespolitischen Manöver zum Beispiel bei den Vorbereitungsassistenten als Diskriminierung von Z-MVZ. Des Weiteren bin ich angesichts der Demografie überzeugt, dass in Zukunft auch Investoren benötigt werden, um die wohnortnahe Versorgung sicherzustellen.

Die Fragen stellte Dr. Uwe Axel Richter.